
Eine Versicherungskauffrau verdient 3.012 Euro brutto im Monat, ihr männlicher Kollege bekommt durchschnittlich 4.160, also 1.148 Euro mehr für die gleiche Tätigkeit. Das belegt die Lohnspiegeldatenbank des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI).
Damit ist die Versicherungsbranche zwar Spitzenreiter in Sachen Lohndiskriminierung von Frauen, steht aber mit dem Problem nicht allein da. Über alle Branchen und Berufe hinweg bekommen Frauen rund 22% weniger Lohn als Männer. Seit Jahren verharrt die Lohnlücke auf diesem hohen Niveau.
Die Gründe sind vielfältig:
Diesen vielfältigen Ursachen können wir nicht nur mit einer Maßnahme zu Leibe rücken. Notwendig ist ein ganzes Bündel von Initiativen und Regelungen.
Die große Koalition hat bereits einige Impulse für Lohngerechtigkeit, Gleichstellung und Partnerschaftlichkeit gesetzt:
All diese Maßnahmen helfen, die Lohnlücke zu schließen. Jetzt geht es um zwei weitere wichtige Vorhaben:
Unser erstes Ziel ist Transparenz bei der Bezahlung: Nur, wenn ich von Diskriminierung weiß, kann ich gegen sie angehen. „Verdient mein männlicher Kollege wirklich mehr als ich?“. Allein schon an dieser Frage beißen sich bislang viele Frauen die Zähne aus. Denn ein Erfolg vor Gericht ist nur möglich, wenn die Klägerin einen Beleg für ungleiche Bezahlung vorbringen kann.
Deshalb wollen wir für alle Arbeitnehmer_innen einen individuellen Auskunftsanspruch über die betrieblichen Gehaltsstrukturen gesetzlich regeln. Es geht nicht darum, Kollegen, die sich ein Büro teilen, gegeneinander auszuspielen. Es geht darum, die Bezahlung einer Vergleichsgruppe offen zu legen, damit Beschäftigte, Frauen wie Männer, die Höhe ihres eigenes Gehalts besser einschätzen können.
Außerdem sollen große Unternehmen, die mindestens 500 Beschäftigte haben, künftig im Lagebericht nach dem Handelsgesetzbuch auch zu Frauenförderung und Entgeltgleichheit Stellung nehmen. Heute schon müssen diese Unternehmen im Handelsgesetz umfassend berichten. Diese Berichtspflicht wollen wir erweitern um die betriebliche Gleichstellung. Auch das sorgt für mehr Transparenz.
Das wird einen positiven Wettbewerb unter den Unternehmen und weniger Diskriminierung zur Folge haben. Denn im Ringen um die besten Fachkräfte wird sich kaum ein Unternehmen leisten können, Frauen offen zu benachteiligen.
Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig ist schon seit Monaten in Gesprächen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften. Sie wird noch im Laufe des Jahres einen Gesetzentwurf vorlegen.
Endlich Lohngerechtigkeit – das ist im Interesse der Frauen, denen wir diese grundgesetzwidrige Ungerechtigkeit nicht länger zumuten dürfen. Es ist aber auch im Interesse der Wirtschaft, die auf gut ausgebildete und hoch motivierte Frauen als Fachkräfte angewiesen ist. Und es ist in unser aller Interesse, die wir in einer gerechten Gesellschaft leben wollen, in der Chancen und Einkommen nicht nach Geschlecht vergeben werden!
Dr. Carola Reimann schrieb den Beitrag für hbpa.