
Abkommen sind Voraussetzung für einen fairen Außenhandel und deshalb gerade für den global orientierten deutschen Mittelstand von großer Bedeutung. Die weltweite Arbeitsteilung ist zudem wichtige Grundlage für die Entwicklung von Wohlstand und Lebensqualität. Dies gilt global für alle Länder in ihren unterschiedlichen Entwicklungsstufen und ganz besonders auch für Deutschland. Zollschranken, nicht tarifäre Handelshemmnisse und nationale Subventionen hemmen den Warenaustausch und verzerren den Wettbewerb. Deshalb hat die Völkergemeinschaft versucht, in internationalen Abkommen Handelsschranken abzubauen. Parallel dazu sind Streitbeilegungsmechanismen erarbeitet worden, bei der Internationalen Handelskammer (ICC) in Paris, bei der Weltbank und der Welthandelsorganisation (WTO).
In den letzten Jahren hat die globale Einigungsfähigkeit abgenommen. Das hat zu einer Ausrichtung auf bilaterale und regionale sogenannte präferentielle Handelsabkommen geführt. Mit CETA und vor allem TTIP plant die EU weitere präferentielle Abkommen und versucht damit die atlantische Brücke zu stärken. Die These ist, dass so weltweit gültige Standards gesetzt werden. Ob dies insbesondere die wirtschaftlich starken Staaten Asiens beeindrucken wird, ist mehr als fraglich. Realistisch erscheint, dass internationale Prozesse für einen funktionierenden Freihandel weiter ausgebremst werden. Das führt nicht nur zu einem undurchsichtigen Flickenteppich an Regelungen im globalen Handel, es erhöht auch Konfliktpotentiale, da dieser Prozess Gewinner und Verlierer erzeugt.
In der Komplexität präferentieller Abkommen gewinnen zudem internationale Großunternehmen Wettbewerbsvorteile, denn ihr Handelsvolumen rechtfertigt eigene Abteilungen und Beratungskompetenz, um komplexe Rechtsordnungen für eigene Zwecke auszunutzen. Sie können auch durch Niederlassungen in verschiedenen Rechtsordnungen praktisch global als Inländer tätig werden. Mittelständische Unternehmen mit begrenztem Geschäftsvolumen können dies nicht leisten und werden im internationalen Wettbewerb benachteiligt. Bei CETA und TTIP geht der Ansatz weit über das Ziel des Abbaus von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen hinaus. Das Ziel ist eine umfassende Marktöffnung u.a. auch in den Bereichen Landwirtschaft und öffentliche Daseinsvorsorge. Dabei gibt es gerade bei diesen Themen dies- und jenseits des Atlantiks sehr unterschiedliche Auffassungen über Art und Umfang staatlicher Regulierung. Darüber hinaus hat man versucht, mit einem Streitbeilegungsverfahren (Investor-to-State-Schiedsgericht, kurz ISDS) die abweichende Rechtskultur und die unterschiedlichen Rechtssysteme der USA (Haftungsrecht) und vieler Staaten der EU (Ordnungsrecht) zu überwinden. Dabei wird der ‚echte‘ Mittelstand – hier definiert als Unternehmen mit Umsatzvolumina von einigen 100 Mio. Euro – im Wettbewerb zu großen Unternehmen gerade durch ISDS aus den folgenden Gründen erheblich benachteiligt:
Vor dem Hintergrund der Exportstärke und –abhängigkeit Deutschlands hat die Weiterentwicklung globaler Strukturen eine hohe Bedeutung. Dies gilt sowohl für den Abbau tarifärer und nicht-tarifärer Handelshemmnisse, als auch für die Weiterentwicklung globaler Streitbeilegungsmechanismen. In den Verhandlungen mit Kanada und den USA müssen die Ziele und Grenzen der Verhandlungen neu definiert werden. Dafür ist ein transparenter Prozess zur Festlegung der Verhandlungsziele unabdingbar:
Das übergreifende Ziel europäischer Abkommenspolitik darf nicht die Herausbildung präferentieller Abkommen sein, die durch Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit zu einer Handelsunion Gewinner und Verlierer erzeugt. Ziel muss die Schaffung eines ‚equal level playing field‘ sein, das Unternehmen und Staaten den Wettbewerb nach fairen und für alle geltenden Spielregeln erlaubt. Das hilft besonders dem Mittelstand, der nicht die Marktmacht und Lob-bykraft von Großunternehmen zur Durchsetzung seiner Interessen einsetzen kann. Dies gilt aber auch für die deutsche Wirtschaft insgesamt, die ein hohes Interesse an weltweit gelten-den Regeln hat, und die besonders bei der stark wachsenden Bedeutung des asiatischen Marktes sich keinesfalls in eine bindende atlantische Abhängigkeit begeben darf.
Den Beitrag verfasste Dr. Thomas Gambke für hbpa.